Die wissenschaftlichen Tätigkeiten des Fachbereiches Astrophysik am Institut für Physik der Karl-Franzens-Universität Graz konzentrieren sich auf zwei wesentliche Teilbereiche: Beobachtende Astrophysik sowie Sonnen- und Heliosphärenphysik.
Im Forschungsschwerpunkt Beobachtende Astrophysik werden mit Teleskopen Beobachtungen von Objekten im Weltraum durchgeführt. Die Daten werden mit den Gesetzen der Physik entweder direkt oder mithilfe von theoretischen Modellen interpretiert. So werden die Gas- und Staubscheiben um sich bildende Sterne räumlich aufgelöst beobachtet, um die Entstehung von Sternen und Planeten besser zu verstehen. Ein weiterer wichtiger Forschungszweig ist die Aktivität von sonnenähnlichen Sternen. In den Spektren dieser Sterne wird hierbei nach Prozessen gesucht, die auf der Sonne im Detail zu beobachten sind. Aber auch bei Durchmusterungen der gesamten Milchstraße wirkt die Gruppe mit, und auf kosmologischen Skalen widmet sie sich zum Beispiel dem durch die Relativitätstheorie vorhergesagten Gravitationslinseneffekt. Um auch weiterhin mit hervorragenden Beobachtungsdaten zu arbeiten, ist die Gruppe im Rahmen einer nationalen Initiative an der Entwicklung der wissenschaftlichen Software für die Instrumente MICADO und METIS des “European Extremely Large Telescopes” ELT der Europäischen Südsternwarte (ESO) beteiligt, das mit seinem 39m-Spiegel in der nächsten Dekade als das größtes Teleskop der Welt in Betrieb gehen wird.
Ziel des Bereiches Sonnen- und Heliosphärenphysik ist die Erforschung unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft, unseres Sonnensystems, und im Speziellen unseres Heimatsterns, der Sonne. Zum einen wird die Dynamik der unteren Sonnenatmosphäre untersucht. Der wissenschaftliche Fokus liegt hier auf der Untersuchung der kleinskaligen magnetischen und konvektiven Phänomene. Mit Hilfe von hochauflösenden Beobachtungen der sichtbaren Oberfläche der Sonne und der darüber liegenden heißeren atmosphärischen Schichten, werden wichtige Zusammenhänge untersucht, die die Aufheizung dieser Atmosphärenschichten beschreibt. Die Durchfürung von numerischen Simulationen dient der Beschreibung des Aufbaus dieser Schichten. Komplexe Phänomene können somit auf kleinen Skalen analysiert und zur Validierung mit Beobachtungsdaten verglichen werden. Die Auswertung der Simulationsergebnisse erfolgt mittels 3D Segmentierungs- und Trackingalgorithmen. Ein weiteres wesentliches Augenmerk wird auf die Erforschung der Dynamik der äußeren Sonnenatmosphäre (Korona) und ihre Auswirkungen auf den erdnahen Weltraum gelegt (in Form des stetigen Sonnenwindes, unterbrochen von zeitweisen Sonnenstürmen). Ein Forschungsschwerpunkt ist hier die Physik von Sonneneruptionen, ihre räumliche und zeitliche Entwicklung im interplanetaren Raum und wie sie das “Weltraumwetter” nahe der Erde beeinflussen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die numerische Modellierung der Dynamik der äußeren Sonnenatmosphäre, auch im Zuge von Sonneneruptionen, sowie die Charakterisierung der zeitlichen und räumlichen Eigenschaften des Sonnenwindes im interplanetaren Raum und deren zeitliche Vorhersage.
Das Institut für Physik betreibt auch das Observatorium Kanzelhöhe für Sonnen- und Umweltforschung, sowie das Observatorium Lustbühel. Aufgabe des Observatorium Kanzelhöhe ist die systematische, zeitlich und räumlich hoch aufgelöste Beobachtung der Sonne. Aufgrund der hochqualitativen Sonnenbeobachtungen des Observatoriums Kanzelhöhe, können mittels automatisierter Bilderkennungsmethoden Strahlungsausbrüche sogar in Echtzeit detektiert und Warnungen ausgesendet werden. Damit ist das Observatorium die österreichische Vertretung im internationalen ISES Weltraumwetter-Netzwerk und die europäische Hauptstation zur Sonnenbeobachtung im Rahmen des Space Situational Awareness Programmes der Europäischen Weltraumbehörde ESA. Am Observatorium Lustbühel werden Beobachtungen des Nachthimmels im Rahmen von ausgewählten wissenschaftlichen Projekten sowie im Zuge von Lehrveranstaltungen der Karl-Franzens-Universität Graz betrieben.